Published On: November 2nd, 2019Categories: MGR Buchtipp

Die Verwandlung

von

Franz Kafka

 

Die Erzählung „Die Verwandlung“ von Franz Kafka wurde im Jahr 1915 veröffentlicht und handelt von dem Handlungsreisenden Gregor Samsa, der eines Morgens als riesiges Insekt erwacht. Seine Veränderung wird von der Familie zunächst mit Sorge und Akzeptanz wahrgenommen, jedoch muss der Protagonist im Laufe des Textes zunehmend miterleben, wie seine Familie sich von ihm abwendet und seine menschliche Existenz verleugnet. Kafka als einer der bedeutendsten Schriftsteller der Moderne bedient sich auch in dieser Erzählung seinem charakteristischen Motiv der Entfremdung. Es ist naheliegend, dass die Verwandlung vom persönlichen Leben Kafkas inspiriert wurde und er in diesem Werk versucht, sich von seinem persönlichen und familiären Frust freizuschreiben.

Neben seiner äußerlichen Verwandlung durchlebt Gregor Samsa, der die Handlung bis auf die wenigen Stunden nach seinem Tod aus einer monoperspektivischen Sicht erzählt, auch einen persönlichen Wandel. Es ist hierbei interessant zu sehen, wie der Protagonist noch vor der Verwandlung die Rolle des Ernährers und Familienoberhaupts einnimmt und danach immer mehr zum lästigen Anhängsel wird, dessen man sich schließlich entledigt. Der Leser wird direkt zu Beginn mit der absurden Verwandlung des Ich-Erzählers in einen Käfer konfrontiert und in das Geschehen hineingeworfen. Nur als außenstehende Person ist man in der Lage, Empathie für den Protagonisten zu empfinden. Von der Familie Samsa kann hierbei keine Anteilnahme erwartet werden, da sie ihn nicht verstehen kann und somit keine Kommunikation zustande kommt. Erwähnenswert ist zudem die Ambivalenz des familiären Auf- und Abstiegs. Während Gregor im Rahmen der Verwandlung immer mehr an Wert für die Familie verliert, erlebt seine Schwester Grete einen sozialen und familiären Aufstieg. Des Weiteren sorgt die Diskrepanz zwischen der Schilderung eines surrealen Geschehens und dem Gebrauch einer präzisen, nüchternen Sprache für Spannung. Der Erzählstil Kafkas ähnelt dem in einer Kurzgeschichte und versetzt den Leser unmittelbar in die Handlung hinein, wodurch das Thema der Erzählung bereits auf der ersten Seite klar ersichtlich ist.  Dadurch, dass alles aus der Perspektive von Gregor erzählt wird, erhält man auch einen Einblick in sein Gefühlsleben und erkennt somit, dass die Verwandlung sowohl ein tragisches als auch ein notwendiges Ereignis darstellt. Die Tragik liegt darin, dass Gregor erst nach seiner Verwandlung zu sich selbst finden kann und dabei nicht nur aus familiärer Verpflichtung handelt. Schade bzw. erschreckend ist allerdings, dass sich seine Familie gerade dann von ihm abwendet, als er ihre Zuneigung am meisten bedarf. Charakteristisch für Kafkas Werke ist die Tatsache, dass es eben nicht „die eine Interpretation“ gibt und die Erzählungen somit individuell aufgefasst und interpretiert werden können. So kann sein Werk beispielsweise als stark autobiografische Erzählung gesehen werden, in der Kafka seine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse verarbeitet. Auffällig ist dabei die Parallele zum gestörten Vater-Sohn-Verhältnis. Ähnlich wie Gregor empfand sich Kafka in seiner Rolle als immer noch zu Hause lebender Sohn als Parasit und litt unter der autoritären Persönlichkeit seines Vaters.

Meiner Meinung nach ist dieses Buch durchaus empfehlenswert, da der Leser eben nicht in seinem Interpretationsraum eingeschränkt wird. Ich halte es jedoch für sinnvoll, sich vorher bereits mit der Persönlichkeit von Franz Kafka zu beschäftigen und gegebenenfalls weitere Werke zum Vergleich heranzuziehen. Denn dann ist es meiner Ansicht nach umso spannender, zu sehen, inwiefern sich Ereignisse aus Kafkas persönlichem Leben mit den Motiven in der Erzählung „Die Verwandlung“ decken.

Lena S., Deutsch-Leistungskurs (Jahrgangsstufe 13)

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